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Salomon 4 Trails – 1. Tag: von Garmisch-Partenkirchen nach Ehrwald

Die erste Etappe wird gleich hammerhart: laut Karte gilt es gute 36 km und über 2.400 Höhenmeter zu überwinden. Ich geb erst mal meine Taschen ab und treib mich dann etwas im Startbereich herum. Das Wetter ist super und sehr warm und die 350 Teilnehmer dieses Abenteuers harren der Dinge, die da kommen.



Start soll um 10:00 sein. Wir starten aber 10 Minuten später, damit die Zugspitzbahn am Bahnübergang bereits durch ist, wenn wir dort ankommen. Zunächst mal stellen sich aber alle an der Gepäckkontrolle an. Die Pflichtausrüstung wie Trinkbehälter, warme Ersatzkleidung und Regenjacke wird vor jedem Start kontrolliert. Wir sind schließlich im Hochgebirge unterwegs und da kann das Wetter jederzeit umschlagen. Witzig, was manche Leute sonst noch so in ihren Rucksäcken haben…

Pünktlich um 10:10 werden wir auf die Strecke geschickt. Nach einer kurzen Schleife durch den Ort geht es raus Richtung Berge und Bahnübergang. Die 10 Minuten haben aber für die schnellen Läufer nichts gebracht, denn die Bahn hat auch Verspätung. Wie gut, dass ich mich sehr zurück halte, denn es ist sonnig und bereits weit über 20 Grad warm. Bis ich zum Bahnübergang komme, ist der Zug bereits durch.

Nach nur 2 km zum „Einrollen“ wird’s bereits ernst: der erste supersteile Anstieg um 600 Hm auf den nächsten 4 km liegt vor uns.

Jetzt begehe ich einen schweren Fehler: im Hinterkopf hab ich noch, dass ich bergauf ziemlich schnell gehen kann und das will ich jetzt tun. Das ist eine ganz schlechte Idee, denn auf diesen 4 steilen Kilometern power ich mich total aus. Dazu kommt, dass ich hier keineswegs einer der schnellsten Geher bin. Fast jeder läuft hier mit Stecken und viele sind deutlich schneller als ich. Daran muss ich mich erst mal gewöhnen. Michi und Ulrike sind längst über alle Berge.

Außerdem ist es unheimlich warm. Und die Wege sind auch nicht ohne – Trails eben. Ich bin ziemlich froh, als das erste Steilstück geschafft ist und wir bergab zur ersten Versorgungsstelle laufen dürfen.

Hier ist das erste Zeitlimit nach 2:30 Stunden, was ich aber mit 1:15 sehr locker schaffe. Knapp 10 km sind absolviert. Die Versorgung ist Spitze: Getränke, Obst (vor allem Orangen und Wassermelonen), Riegel, Gels, gesalzene Gurkenscheiben und halbierte kleine Tomaten, etc. etc. So eine tolle Versorgung hab ich noch nie erlebt, außer vielleicht beim Gondo-Event vor einem Jahr. Hier nimmt sich jeder Zeit, denn der nächste steile Anstieg Richtung Alpspitze zur Talstation des Längenfelder Skilifts steht uns bevor: weitere 600 Hm auf 3,5 km. Diesen Streckenabschnitt kenne ich schon vom Trailrunningcamp im Vorjahr und wie damals zieht sich das auch heute ganz schön hin. Ich büße bereits dafür, auf der ersten Steigung so schnell gegangen zu sein.

Plötzlich und ganz unerwartet bin ich oben und schon wartet ein weiterer Härtetest: über 800 Hm steil bergab auf nassen und verschlammten Wegen. Das ist zu viel für meine Schuhe, ich rutsche und stolpere herum und muss wahnsinnig aufpassen. Trotzdem fliege ich einmal hin, zum Glück passiert nichts weiter – noch nicht mal eine Schramme. Kurz durchschnaufen und vorsichtig weiter. Ein Stück weiter sehe ich 2 Läufer, von denen einer auf einen Stock gestützt langsam bergab humpelt. Oje, ich glaube, für den ist das Ganze schon vorbei. Als ich unten in Hammersbach ankomme und das Schild „20 km to go“ sehe, bin ich fix und fertig.

Jetzt ist es zwar kurz flach, aber auch heftig schwülwarm und ich gehe erst mal ein Stück, bevor ich wieder ganz langsam in meinen Trott falle. Den nächsten Anstieg wandere ich hoch. Ich frage mich schon, wie ich das heute schaffen soll – geschweige denn die nächsten Tage! An der Eibseealm ist die nächste Versorgungsstelle, die ich ausgiebig nutze. Hier ist das nächste Zeitlimit nach 5:30, zwischen den beiden Zeitlimits liegen 3 Stunden (für 11 km). Da dachte ich ursprünglich „das schaffst Du in der halben Zeit“, aber von wegen: 2:45 hab ich dafür gebraucht – Wahnsinn! Mit insgesamt 4 Stunden bin ich aber immer noch gut vor dem Limit dabei. Trotzdem bin ich schon etwas enttäuscht von meiner Leistung.

Jedoch: weiter geht’s bergauf zum Grenzübergang nach Österreich, mit 1520 Metern die zweithöchste Stelle am heutigen Tag. Ich bin nicht der Einzige, der heute seine Probleme hat. Die Wärme fordert ihren Tribut und jeder kämpft mehr oder weniger mit den Verhältnissen. Auf dem Weg nach oben treffe ich ein Pärchen an einem Brunnen. Das sind doch die Whiskytrailers? Daniela und Klaus von Brocke kenne ich aus einem Film vom Transalpine-Run 2010, wo die beiden vom Filmteam begleitet wurden. Klaus geht’s nicht gut – er möchte am liebsten sterben. Ich stapfe weiter. Die beiden werden heute aber auch nur eine Viertelstunde länger brauchen als ich.

Nach dem Grenzübergang geht es kurz eben, dann immer stärker bergab zur letzten Versorgungsstelle nahe der Talstation der Ehrwalder Zugspitzbahn. Noch knappe 10 km.

Das letzte Zeitlimit vor dem Ziel ist nach 7:45. Ich bin mit 5:35 weniger weit davon entfernt, als ich mir das gewünscht hatte, habe aber wenigstens meinen Vorsprung aus dem ersten Limit halten können. Jetzt kommt ein besonderes „Schmankerl“: es geht eine Skipiste hoch. Erst steil, dann steiler, dann total steil. Jeder keucht und hechelt. Wenigstens sind es nur 200 Hm. Auf der anderen Seite genauso steil wieder runter, dann noch mal hoch und schließlich durch einen schönen Waldtrail, den ich irgendwie nicht mehr so richtig genießen kann, Richtung Ehrwald. Die letzten 2 km verlaufen auf der Straße. Seit geraumer Zeit donnert es schon und die ersten Tropfen habe ich auch schon gespürt. Mist: ich bin 10 Minuten zu spät dran, denn jetzt öffnet der Himmel seine Schleusen und ich fühle mich, als würde ich unter einem Wasserfall durchlaufen. Pitschnass komme ich nach 7:01 Stunden ins Ziel, werde trotzdem noch freudig begrüßt und erhalte eine kleine Salomon-Trinkflasche als Finishergeschenk. Es regnet immer noch wie aus Kübeln. Schnell trinke ich was und gehe dann sofort zu meinem Hotel, das Gott sei Dank nur 100 Meter vom Ziel entfernt ist.

Nie hätte ich gedacht, so lange für diese Strecke zu brauchen. Gemessen habe ich übrigens 38 km und 2.550 Hm. Ich bin total k.o. und nach meinem kurzen Anruf bei Kerstin macht sie sich Sorgen, ob ich das überhaupt durchhalten werde. Aber ich hab keine Zeit,mir darüber Gedanken zu machen. Schnell duschen, die nassen Klamotten durchspülen und aufhängen und dann muss ich schon zur Pastaparty. Mal sehen, wie’s mir morgen geht.

 

Weiter zum zweiten Tag.