Madrid-Marathon 28.04.2024

Es ist soweit: mein 100. Marathon steht an! Nachdem meine Großnichte Denisse derzeit noch ein Auslandsstudienjahr in Madrid macht, hatte ich beschlossen, diesen besonderen Marathon diesmal in Madrid zu laufen. Und nicht nur das. Wir nutzen die Gelegenheit und fahren mit unserer roten Corvette in 4 Tagen von zu Hause nach Madrid (es sind gute 2000 km). Nachdem Horst davon erfahren hatte, hat er sich zusammen mit seiner Gisela angeschlossen (er fährt ebenfalls eine rote Corvette). So haben wir eine sehr entspannte Anreise über Chalon-sur-Saône, Bordeaux, San Sebastián und Bilbao nach Madrid.

Das Wetter ist durchwachsen. Es ist viel zu kalt für die Jahreszeit und es regnet auch ab und zu. In Madrid ist am Samstag vor dem Marathon richtiges Mistwetter: heftiger Regen und starker Wind. Wie gut, dass wir an dem Tag nur die Unterlagen abholen müssen und über die (relativ große) Messe streunen können.

Am Nachmittag überraschen mich meine Mädels noch mit einem speziell angefertigten Laufshirt.

Zum Abend hin bessert sich das Wetter gewaltig und die Nacht ist vollkommen ruhig, sodass ich hervorragend schlafen kann. Am nächsten Morgen haben wir Kaiserwetter.

Temperaturen um die 8 Grad. Bis zu 16 Grad sollen es heute werden und der Wind ist komplett verschwunden. Besser geht’s nicht! Das Team Frankenblitz ist bereit.

Der Startbereich ist auf der breiten Straße Paseo de la Castellana, wohin wir mit vielen Gleichgesinnten mit der U-Bahn fahren. Es gibt 10 Startblöcke für die unterschiedlichen Zielzeiten. Der Start ist ab 9 Uhr alle 5 Minuten Block für Block. Ich bin natürlich in Block 10 (für eine Zielzeit über 4:30) und starte um 9:45. Witzigerweise müssen alle Läufer ab Startblock 4 über den hintersten Eingang bei Block 10 in den Startbereich und sich dann nach vorne kämpfen. Da nichts kontrolliert wird, wäre es ein Leichtes, in einen vorderen Startblock zu gehen, aber das mache ich natürlich nicht. Die Strecke hat viele Höhenmeter (300 sind angegeben, ich hab 400 gemessen) und ich bin dafür nicht gut genug in Form, sodass ich sehr wahrscheinlich über 5 Stunden benötigen werde. Zielschluss wäre nach 6:20, das sollte reichen.

Ich plaudere ein wenig mit dem Pacer für 5 Stunden. Er will 7 Minuten pro Kilometer laufen und als ich ihm sage, dass es bei mir der 100. Marathon ist, meint er, bei ihm wäre es der 250.!!

 

Wir könnten schon langsam nach vorne gehen, bleiben aber noch eine Weile in der Morgensonne stehen, denn im Schatten ist es schon noch ganz schön kühl. Wie in Valencia sind die Ansagen und die Musik aus den Lautsprechern ohrenbetäubend laut. Viele halten sich die Ohren zu. Ich verstehe immer nicht, warum das notwendig ist. Ich bin froh, als es endlich losgeht und schaffe es sogar noch, ganz kurz vor dem Start auf ein Dixie-Klo zu gehen. Dann muss ich mich wenigstens nicht gleich auf der Strecke in die Büsche schlagen.

Es geht schön gemütlich los, denn es liegt bereits die erste 2 km lange leichte Steigung vor uns, die uns bis zu den berühmten 4 Hochhäusern von Madrid führt. Das Wetter ist traumhaft und in der Sonne fast schon wieder zu warm, aber es ist ja auch genügend Schatten von den Gebäuden und den Bäumen vorhanden. Ich laufe mit einer Pace von 6:30 los, wie immer eigentlich zu schnell, aber es fühlt sich gut an und ich kann mich einfach immer nicht dazu durchringen, von Anfang an viel langsamer zu laufen – auch wenn das vielleicht die bessere Strategie wäre.

 

Kerstin und Denisse warten auf mich bei Kilometer 1. Da sehe ich noch ganz frisch aus.

 

Durch meine kurze Pause vor dem Start ist der 5-Stundenpacer schon davongelaufen und auch er läuft erst mal schneller als die anvisierten 7 Minuten. Ich hole die Gruppe erst nach 5 Kilometern ein.

Nächster Treffpunkt mit meinem Team ist kurz hinter Kilometer 9. Die große Masse an Läufern ist schon durch, bis ich dort ankomme. Alles ist noch im grünen Bereich.

Versorgung gibt es alle 5 Kilometer, aber sie ist mau: Wasser aus verschlossenen Plastikflaschen (wenigstens gehen die Deckel nur noch mit Gewalt ab, sodass nur wenige auf der Straße liegen); mit 0,3 Liter natürlich viel zu viel, also landen lauter halb leere Flaschen in den bereit gestellten Containern (immerhin stehen sehr viele davon längs der Straße und es landen nur wenige Flaschen auf dem Weg). Ab der zweiten Versorgungsstelle gibt es noch Powerade in Bechern und bei Kilometer 30 wird es Gels geben. Das war’s. Kein Obst, kein Salzgebäck, keine Cola, nichts. Bei der Startnummernausgabe hat man noch zwei Gels bekommen, die man aber selbst mitnehmen muss (ich hab aber meine eigenen Gels dabei). Und es gibt auch keine Möglichkeit, Selbstverpflegung zu deponieren. Das hab ich schon viel besser erlebt.

Bei Kilometer 12 laufen wir durch einen Straßentunnel. Das ist ja wie in Hamburg (wo heute ebenfalls der Marathon stattfindet): da läuft man bei Kilometer 14 durch den Wallringtunnel. Sehr angenehm ist hier aber im Gegensatz zu Hamburg, dass hier niemand lärmt und laut schreit oder pfeift. Einige Zeit danach treffe ich mein Team wieder bei Kilometer 17.

Die abgesprochene Gelübergabe klappt perfekt und weiter geht’s. Bisher liege ich einige Minuten vor meinem Zeitplan, aber so langsam merke ich, dass ich das Tempo nicht werde halten können. Die diversen Steigungen, die zum Teil recht heftig sind, setzen mir immer mehr zu.

 

Kurz vor Kilometer 20 kommt die Trennung der Marathon- (rechts) und der Halbmarathonläufer (links). Es sind übrigens insgesamt 40.000 Läufer in Madrid unterwegs (10 km, Halbmarathon und Marathon), damit ist der Lauf komplett ausgebucht und es ist ein neuer Rekord für diese Veranstaltung. Von den 40.000 sind aber nur gute 10.000 auf der kompletten Strecke unterwegs. Die 10k-Läufer hatten eine eigene Strecke und sind schon ab 8 Uhr gestartet; da sind also längst alle im Ziel. Marathon und Halbmarathon liefen bisher zusammen und nachdem die HM-Läufer nun weg sind, wird es sofort ziemlich einsam auf der Strecke.

Wir laufen am Königspalast, dem Palacio Real vorbei zur Plaza España. Ab da geht es erst mal wieder 3 Kilometer bergauf und an unserem Hotel vorbei. Ich hab einen Durchhänger und quäle mich bergauf. Am Ende der Steigung stehen Horst und Gisela und feuern mich lautstark an.

Das pusht mich wieder, außerdem geht es nun eine längere Strecke bergab in Richtung einer Parkanlage mit einem See. Kerstin und Denisse warten dort bei Kilometer 27 schon ganz lange auf mich und sehen unter anderem Läufer, die einen Rollstuhl schieben. Davon gibt es mehrere und es haben mich auch schon einige davon überholt. Die Läufer, die schieben, sind ziemlich gut und laufen recht schnell.

Als ich dort ankomme, sehe ich schon nicht mehr besonders gut aus. Denisse reicht mir die Cola und begleitet mich ein Stück. Sie meint, ich wäre zu schnell, aber ich sage ihr, dass sich das ab jetzt ändern wird. Anschließend geht es eine Runde um den See und bei Kilometer 31 treffe ich wieder mein Team. Es gibt den Rest der Cola und nochmal viel Zuspruch und dann kämpfe ich mich weiter. Kerstin und Denisse werde ich erst im Ziel wieder sehen.

 

Bei Kilometer 34 überholt mich der 5-Stundenpacer und wünscht mir nochmal alles Gute. Es ist verrückt: für die letzten 11 km hätte ich noch 1:30 Zeit gehabt, um unter 5 Stunden ins Ziel zu kommen, also etwa 8 Minuten pro km. Das reicht normalerweise locker, aber leider nicht bei diesem Streckenprofil und nicht bei meinem Fitnesszustand, der mich zwingt, jede Steigung fast vollständig zu gehen. Bei Kilometer 39 kommt nochmal ein schönes leichtes Gefälle und ich freue mich schon, dort nochmal durchlaufen zu können – aber leider müssen wir schon nach 700 Metern wenden und das Ganze auf der anderen Straßenseite wieder hochlaufen (hochwandern).

 

In der Zwischenzeit sind Kerstin und Denisse längst im Zielbereich und haben eine 100 mit goldenen Luftballons vorbereitet.

Bei 40,5 km ist die 5-Stundenmarke erreicht. Ich bin stehend k.o., aber jetzt wird natürlich nicht mehr aufgegeben. Am Museo del Prado vorbei laufe und gehe ich im Wechsel um die Plaza de Cibeles herum, deren Skulptur auch die Medaille ziert und dann kommt endlich das Ziel in Sicht. Kerstin hat organisiert, dass ich vom Sprecher sogar angekündigt werde und zu meinem 100. Marathonfinish beglückwünscht werde. Welche Überraschung!

Ich bleibe kurz vorm Ziel stehen, um ein Bild und ein Selfie unter dem Zielbogen von dem historischen Moment zu machen und dann ist es endlich geschafft! Es hat dann doch knapp 5:15 gedauert. Aber egal, Hauptsache geschafft. Ich bin sehr glücklich und auch zufrieden, denn ich bin exakt in der vorhergesagten Zeit (5:15) ins Ziel gekommen.

 

Auf dem langen Weg vom Ziel über die Medaillenübergabe bis zur Ausgabe der Zielverpflegung komme ich bei einer Läuferin vorbei, die total beeindruckt ist von meinen 100 Marathons und meint, ich wäre eine Inspiration für sie und sie macht auch gleich ein Selfie mit uns beiden. Bis zum Ausgang gibt es noch eine Banane von den Kanaren und dann bin ich wieder mit meinem Super-Team vereint.

Der Weg zur U-Bahn ist beschwerlich und die Treppe runter noch mehr. Unten dann noch ein Foto mit einer deutschen Läuferin, die ihren ersten Marathon bewältigt hat.

Das war eine prima Teamleistung. Im Hotel angekommen, kann ich mich nach einer Dusche endlich ins Bett legen. Denisse nimmt meine Klamotten mit, um sie gleich zu Hause zu waschen – sehr praktisch!

Und zum Abschluss dieses denkwürdigen Tages gibt es später noch ein leckeres Abendessen (Spanien-typisch erst ab 8 Uhr). Der Kellner ist nur die 10 km gelaufen und noch ganz gut zu Fuß im Gegensatz zu mir.

Aber insgesamt bin ich sehr zufrieden. Zwar tut wie immer alles weh, aber meine Hüfte und die Knie haben gut durchgehalten und eigentlich schmerzen am meisten die Füße.

 

Meine Zeit von 5:14:40 ist gut für Platz 8667 (von 9125) und in der Altersklasse M65 Platz 76 (von 95). Sieger waren Mitku Tafa aus Äthiopien in 2:08:57 und Naom Jebet aus Kenia mit 2:26:20. Der letzte Läufer ist nach 6:36:11 ins Ziel gekommen, aber der ist auch schon Altersklasse M75. An den Siegerzeiten merkt man schon, dass die Strecke von Madrid nichts für Bestzeiten ist.

 

Es war ganz gut, aber ich muss sagen, es gibt schönere Stadtmarathons. Über weite Strecken gibt es eigentlich nichts interessantes zu sehen, die Stimmung ist nur in einigen Stimmungsnestern in der Innenstadt richtig gut und bei der Versorgung unterwegs gibt es viel Luft nach oben. Aber dafür ist der Lauf auch nicht so teuer und die Medaille ist wirklich wunderschön.