Hamburg-Marathon 23.04.2023

Zum 14. Mal bin ich in Hamburg am Start. Wie so oft, habe ich es nicht geschafft, ordentlich zu trainieren und in den letzten Wochen sind einige Probleme mit meinem linken Bein dazu gekommen (Piriformis-Syndrom, Hüfte und vor allem ziemliche Schmerzen im großen Zeh – Arthrose). Man wird halt nicht jünger! Immerhin konnte ich 4 einigermaßen lange Läufe machen und bin nicht ganz unvorbereitet. Aber für eine Fabelzeit wie im letzten Jahr wird es nicht reichen.

Wie immer wohnen wir im NH-Hotel in unmittelbarer Nähe zum Startgelände und wieder haben wir einen Superblick auf den Dom, dem Jahrmarkt, der in Hamburg dreimal im Jahr stattfindet und der am Marathonsonntag endet. Am Freitagabend genießen wir noch ein tolles Feuerwerk!

 

Yvonne und René sind auch wieder beim Halbmarathon angemeldet und so schlendern wir gemeinsam am Samstag über die Marathonmesse, die leider auch immer kleiner und uninteressanter wird.

Wenigstens gibt es einen ganz lustig-launigen Talk zwischen Olympiasieger Dieter Baumann und den Runners-World-Redakteuren Urs Weber und Martin Grüning, den wir mit Interesse verfolgen. Kerstin holt sich danach noch ein Autogramm vom immer gut aufgelegten Dieter Baumann und ich fachsimple ein wenig mit Martin, den ich schon ganz lange kenne.

Der Wetterbericht liegt glücklicherweise für den Sonntag total falsch. Anstelle von Regen gibt es wahrscheinlich ab mittags Sonne und es soll relativ warm werden.

Der Start des Halbmarathons ist um 8:25, der vom Marathon erst um 9:30 Uhr. So bleibt genug Zeit, Yvonne und René vorbei laufen zu sehen, bevor ich mich auf den Weg ins Startgelände begebe.

Morgens ist es schon noch ziemlich kühl, aber ich gebe trotzdem meinen Kleidersack schon ab, der heute nur meine Jacke und einen Eiweißriegel für hinterher enthält.

Das Startgelände befindet sich in den Messehallen und auf dem Weg in meinen Startblock sehe ich ein T-Shirt mit der Aufschrift „In Hamburg wird genossen, auf dem Rennsteig wird gekämpft“. Schöne Aussichten für meinen Start beim Rennsteiglauf in 3 Wochen! Allerdings bin ich mir ziemlich sicher, dass ich auch heute viel kämpfen werde.

Ich bin heute mit Startblock F ziemlich weit vorne und so überquere ich bereits nach 4 Minuten die Startlinie. Man merkt deutlich, dass weniger Läufer da sind als sonst, denn es wird nie eng – auch weiter hinten nicht. Tatsächlich haben sich diesmal nur 10.300 Läufer zum Marathon angemeldet (in früheren Jahren waren es bis zu 18.000) und davon sind nur etwas mehr als 8.800 gestartet (ein Teil hat’s wohl auch wegen der Streiks im öffentlichen Fernverkehr nicht nach Hamburg geschafft).

Die ersten Kilometer fühle ich mich noch ziemlich steif und leider tut mein großer linker Zeh vom Start weg weh. Aber hilft ja nichts – da heißt es heute Zähne zusammenbeißen. Nach 2 km bin ich auf der Reeperbahn und passiere die Davidswache, wo mein Lieblingsfan Kerstin bereits auf mich wartet.

Weiter geht’s nach Altona, vorbei am schneeweißen Rathaus und durch die engen Gassen von St. Pauli, wo die Zuschauer uns von den Balkonen zujubeln. Wie immer haben wir ein phantastisches Publikum in Hamburg und das gute Wetter macht es noch besser.

 

Ich versuche mich weitgehend an die blaue Linie zu halten, die übrigens in Hamburg erfunden wurde (daher auch der Slogan „Run the blue line“). Kerstin wechselt derweil schon mal zu den Landungsbrücken und sieht dort die schnellsten Läufer durchhetzen (km 11).

Ich muss nach 6 Kilometer nach links auf die Elbchaussee wechseln und quasi zurücklaufen. Bald taucht rechts der Hafen auf, wir passieren erneut das Altonaer Rathaus (diesmal auf der anderen Seite) und dann kommt das einzige Bergabstück dieses Laufs am Hamburger Fischmarkt (der um diese Uhrzeit schon vorbei ist).

 

Nach der nächsten Versorgungsstelle treffe ich auch wieder meinen besten Fan. Es geht mir einigermaßen gut, meine Pace ist mit 6:25 im Rahmen und die Schmerzen sind zwar da, aber auszuhalten. Die Versorgung ist recht gut: alle 2,5 km gibt es Wasser und alle 5 km eine große Versorgungsstelle mit Iso, Bananen, usw.

Das Publikum ist große Klasse! Gerade an Landungsbrücken ist immer ein richtiger Hotspot. Wir laufen an der Speicherstadt vorbei (im Hintergrund ist sehr schön die Elbphilarmonie zu sehen) und dann rechts an einem Straßentunnel vorbei. Von hinten höre ich „laufen wir durch den Tunnel? Geil! Oh nein, doch nicht!“. Da muss ich mich doch kurz umdrehen und Bescheid sagen, dass schon noch eine Tunneldurchquerung kommt, nämlich der Wallringtunnel, der uns zum Jungfernstieg führt. Wie immer machen die Läufer einen Heidenlärm und ich bin froh, als ich die 550 Meter Tunnel hinter mir lassen kann.

 

Am Jungfernstieg die nächste Versorgungsstelle. Leider gibt es erst ab der nächsten Versorgungsstelle Gels und so bin ich doch froh, welche dabei zu haben, denn wir sind schließlich schon 18 km gelaufen. Mittlerweile scheint die Sonne, aber es ist trotzdem noch nicht zu warm.

 

Hier ist auch die erste Wechselstelle für die Staffelläufer, sodass es wieder etwas voller wird, aber das ist alles kein Problem. Über die Lombardsbrücke geht es zwischen Außen- und Binnenalster wieder auf die andere Alsterseite und kurze Zeit später werde ich vom Pulk um die Tempoläufer für eine Zeit von 4:30 überholt. Also die 4:30 schaff ich schon mal nicht.

 

Wenig später kommt die Halbmarathonmarke, die ich nach 2:18 passiere. Das wäre ja dann eine Endzeit von 4:36 – aber das Tempo werde ich natürlich nicht halten können. Ich muss mich schon enorm konzentrieren, um zwischen den Versorgungsstellen durchlaufen zu können und ab hier pack ich auch die Kamera weg und mach keine Fotos mehr.

Nächster Treffpunkt mit Kerstin ist „Alte Wöhr“ am Stadtpark bei Kilometer 24. Hier ist Kerstins Neffe Jan dabei, der seit einiger Zeit in Hamburg lebt und arbeitet. Hier bekomme ich meine erste Cola (ab hier gibt es anders als bei früheren Läufen an den Versorgungsstellen auch Cola – der Veranstalter ist lernfähig, sehr gut!).

6 Kilometer später ist Ohlsdorf und der nächste Treffpunkt, diesmal nicht mit Jan, sondern mit Bettina, einer alten Freundin von Kerstin. Ich sehe schon ziemlich geschafft aus und bin es auch. Dennoch schaffe ich es immer noch, zwischen den Wasserstellen durchzulaufen. Es wundert mich schon, dass ich das immer noch hinbekomme und ich bin froh: weiß ich doch aus leidvoller Erfahrung, dass man immer mehr Gehpausen macht, wenn man einmal damit anfängt. Auch überhole ich jetzt ganz viele „Geher“, was mir zusätzliche Motivation gibt.

Der letzte Treffpunkt vor dem Ziel ist am Eppendorfer Baum bei Kilometer 37. Es hat schon Tradition, dass ich hier nochmal eine Cola von meinem Liebling bekomme und diese in aller Ruhe trinke, auch wenn mich die Menschenmassen anpeitschen und versuchen, mich zum Laufen zu bewegen. Als ich dann schließlich wieder lostrabe, kennt der Jubel der Zuschauer keine Grenzen. Das Hamburger Publikum eben …

 

Über den Klosterstern geht es an die Außenalster. Auch hier wahnsinnig viele Zuschauer, aber das Wetter ist wirklich toll und für mich mittlerweile auch etwas zu warm.

Aber es ist ja nicht mehr allzu weit. Rüber zum Mittelweg und durch die Unterführung bei Dammtor, wo ich vom Speaker als „Frankenblitz“ begrüßt werde. Und dann der härteste Abschnitt von allen: der Gorch-Fock-Wall zwischen Kilometer 41 und 42. Er geht ziemlich bergauf und viele gehen hier. Ich beiße nochmal die Zähne zusammen. Bis hier hab ich es geschafft durchzulaufen, dann muss das hier auch gehen.

 

Und es geht! Ich erreiche den roten Teppich und dann sind es nur noch ein paar Meter bis ins Ziel.

Und dann ist es endlich geschafft! In 4:45:06 erreiche ich als 5745. Mann das Ziel meines 14. Hamburg-Marathons (in meiner Altersklasse werde ich 80. von 124). Das ist ziemlich genau die Zeit, die ich mir ausgerechnet hatte. Die Pace entspricht mit 6:40 pro Kilometer genau meiner Ziel-Pace. Also alles super!

 

Es gab 8.633 Finisher insgesamt. Bei 8.800 Startern eine sehr gute Quote, aber die Verhältnisse waren auch optimal, vor allem, weil es gar keinen Wind gab.

 

Sieger waren die Kenianerin Dorcas Tuitoek in 2:20:09 (sie hat die Führende, die 100 Meter vor dem Ziel gestolpert ist, dort noch überholen können) und ebenfalls ein Kenianer, Bernard Koech mit neuem Streckenrekord von 2:04:09. Und auch unser bester Deutscher Richard Ringer konnte sich mit 2:08:08 die Olympianorm sichern (die bei 2:08:10 liegt!!!).

Ich humpele zur Zielversorgung und hole mir meine hart verdiente Medaille ab. Und ein Erdinger-Grapefruit, auf das ich mich schon die ganze Zeit gefreut hab!

Und während eine Zuschauerin den langweiligsten Faschingsumzug ever beklagt, …

lass ich mich feiern. Mittlerweile ist es so warm, dass ich nicht mal meine Jacke brauch, obwohl ich total durchgeschwitzt bin.

 

War wieder mal eine Klasse Veranstaltung. Und auch René schafft seinen Halbmarathon in großartigen 1:58:31. Yvonne hatte große Probleme mit ihrem Asthma und musste leider abbrechen.