Hamburg-Marathon 28.04.2019

Nur 3 Wochen nach dem Obermain-Marathon starte ich zum 12. Mal bei meinem Lieblings-Stadtmarathon. Ich bin etwas angeschlagen, weil ich in der Woche davor eine heftige Erkältung hatte und noch nicht ganz gesund bin. Wäre ich vernünftig, würde ich nicht starten, zumal die Wetteraussichten alles andere als gut sind. Dennoch will ich versuchen, das Ganze in langsamem Tempo anzugehen und notfalls dann eben auszusteigen, wenn es nicht geht.

Unsere Freunde Katrin und Torsten, mit denen wir letztes Jahr in Kapstadt zum Two Oceans waren, sind auch da. Torsten war noch nie in Hamburg dabei und hat sich durch meine begeisterten Schilderungen des Laufs überzeugen lassen. Er läuft aber sicher in einer anderen Liga als ich, obwohl auch er wegen seiner Achillessehne gehandicapt ist. Auf der Marathonmesse treffen wir noch den Chefredakteur der Runners World, Martin Grüning, sowie seinen Kollegen Urs Weber. Und natürlich ist auch wieder Michel Leblanc von der Partie, auch wenn er nach hunderten von Marathons jetzt nicht mehr selbst laufen und nur noch als Fahrradbegleiter dabei sein kann.

Am nächsten Morgen ist es eiskalt und es regnet in Strömen. Na toll! Ich entscheide mich gegen die Mitnahme meiner Kamera, weil die nicht wasserfest ist. Es wird trotzdem genügend Bilder geben, weil Kerstin bei diesem Lauf ja an 6 verschiedenen Stellen zuschauen kann.

Vor dem Hotel treffe ich wieder mal eine Mitstreiterin, die zum ersten Mal hier ist und nehme sie auf meinen Schleichweg zum Start mit (von Hotel sind das gerade mal ein paar hundert Meter, ohne dass man sich durch die Massen quälen muss). Letztes Mal war es Christine, diesmal ist es Ursula, die allerdings nicht mit mir zusammen laufen wird. Sie wird erheblich schneller sein. Die blauen Striche auf der Straße wurden schon vor einer Woche aufgebracht. Diese „Blue Line“ wurde in Hamburg erfunden und markiert die Ideallinie.

Während wir zitternd vor Kälte und Nässe in den Startblöcken warten, treffen sich Katrin und Kerstin schon an der Reeperbahn vor der Davidswache, unserem ersten Treffpunkt bei Kilometer 2.

Der Start erfolgt in Wellen gemäß der Startblöcke. Das funktioniert sehr gut, denn damit entsteht überhaupt kein Stau. Ich komme nach genau 9 Minuten über die Startlinie und los geht’s! Die ersten paar Kilometer rollen ganz gut und der Regen stört eigentlich gar nicht. Wenigstens werden wir heute vom Wind komplett verschont. Die Strecke wurde leicht verändert, damit wir am Ende nicht die endlos lange und windanfällige Alsterkrugchaussee laufen müssen. Deshalb dürfen wir diesmal bereits hinter St. Pauli und Altona nach gut 5 km auf die Elbchaussee abbiegen. Das Wetter ist wirklich total mies und so haben wir diesmal keine gute Sicht über den Hafen.

Nach 11 km erreichen wir Landungsbrücken, wo Katrin und Kerstin wieder stehen. Bei mir ist es ein andauerndes Auf und Ab. Mal geht’s mir schlecht und ich denke, ich höre vielleicht besser auf, dann läuft es wieder gut und ich sag mir, „versuch es weiter“. So hangle ich mich diesmal von Treffpunkt zu Treffpunkt. Mir ist allerdings auch wohl bewusst, dass der nächste Treffpunkt erst bei Kilometer 24 sein wird – eine lange „Durststrecke“ also.

Aus dem Fernsehbericht fotografieren wir noch den verrückten Läufer, der das Ganze mit einer Ananas auf dem Kopf läuft. Sie ist nicht etwa befestigt: er balanciert sie die ganze Zeit – total verrückt!

Während ich mich weiter kämpfe und auf dem Weg zum Jungfernstieg um einige größere Pfützen herumlaufen muss, trotzen auch Katrin und Kerstin dem Wetter und warten bei Alte Wöhr auf Torsten und mich. Torsten hat hier allerdings schon einen Vorsprung von 30 Minuten.

Noch nie habe ich bei einem Marathonlauf so oft ans Aufgeben gedacht, wie dieses Mal. Als nächstes werde ich aber Burkhard und Ute in der City Nord bei Kilometer 27 treffen und dann noch mal Kerstin in Ohlsdorf bei 30 km. So weit will ich noch auf jeden Fall laufen – und erstaunlicherweise kann ich auch immer noch laufen, ohne Gehpausen einlegen zu müssen. Allerdings gehe ich ganz konsequent an jeder Versorgungsstelle, um in Ruhe trinken zu können. Trotzdem bin ich insgesamt etwas schneller unterwegs als geplant.

Nachdem ich Ute und Burkhard begrüßen konnte, hole ich mir kurz danach noch ein alkoholfreies Weizen am Krombach-Stand (und muss die nächsten paar hundert Meter ständig rülpsen …) und dann kommt bereits Ohlsdorf, wo jetzt Kerstin alleine auf mich wartet – Katrin ist Richtung Ziel gefahren.

Ich denke mir: jetzt sind es noch 7 km bis Eppendorfer Baum (der nächste Treffpunkt) und dann nur noch 5 bis ins Ziel. Wenn ich also Eppendorfer Baum schaffe, schaff ich auch den Rest. Gesagt – getan. Es geht jetzt auf die geänderte Strecke, die tatsächlich wesentlich angenehmer ist als früher. Keine Steigungen, kein Wind, schöne Baumalleen, abwechslungsreich. Das war wirklich eine sehr gute Entscheidung vom Organisationskomitee.

Am Eppendorfer Baum ist trotz des Wetters wieder einiges los. Kerstin animiert ein paar Mädels, mich anzufeuern und so kann ich dort nicht mal stehenbleiben, sondern muss weiterlaufen, denn was sollen die sonst von mir denken?

Es hat übrigens aufgehört zu regnen. Also dann: Kilometer 37 ist vorbei, jetzt schaffe ich den Rest auch noch. Selbst den letzten Kilometer auf dem Gorch-Fock-Wall bergauf kann ich noch im Laufschritt bewältigen (aber sehr langsam!) und kurze Zeit später kommt das Ziel in Sicht.

Geschafft! Nach 4:34:01 komm ich ins Ziel. Damit hab ich meine geplante Zeit von 4:35 perfekt einhalten können. Wer hätte das gedacht. Dass hinterher die Erkältung nicht wieder aufflammt, ist allerdings großes Glück für mich. Und das Erstaunlichste ist: ich hatte heute überhaupt keine Knieprobleme! Unglaublich!

Wieder eine schöne Medaille in meiner Sammlung. Allerdings hatte ich in Hamburg noch nie so schlechtes Wetter. Der viele Regen hat auch den Profis das Vorhaben verhagelt, Streckenrekord zu laufen. Mit 2:08:25 verpasst der Äthiopier Tadu Abate den Rekord um 3 Minuten. Er sichert sich den Sieg mit einem fulminanten Schlussspurt und gewinnt mit nur einer Sekunde Vorsprung auf seinen Landsmann Ayele Abshero.

Auch bei den Frauen siegt Äthiopien: Dibabe Kuma kommt nach ausgezeichneten 2:24:11 ins Ziel. Aber auch bei ihr fehlen fast 3 Minuten zum Streckenrekord.

Und Torsten? Der schafft seinen ersten Hamburg-Marathon in 3:40:31 – herzlichen Glückwunsch!