Thermenmarathon Bad Füssing 14.02.2016

Der Thermenmarathon gehört mittlerweile schon zu meinem Pflichtprogramm. Zum 6. Mal fahren wir nach Bad Füssing, diesmal wieder in Begleitung des jungen Frankenblitzes Floh. Marathon bin ich hier bisher nur ein einziges Mal gelaufen (2014), sonst immer „nur“ den halben. Dieses Jahr will ich aber die Saison wieder mit einem kompletten Marathon eröffnen. Wie der laufen wird, ist ungewiss. Letztes Jahr hatte ich mir beim Zugspitz-Ultra eine Knieverletzung zugezogen, die sich schließlich als kleiner Riss im Außenmeniskus herauskristallisiert hat. Nach dem Gondo-Marathon bin ich den Rest des Jahres deshalb fast gar nicht mehr gelaufen und hab die Knieschmerzen nur noch mit Medikamenten in den Griff bekommen. Der einzige Wettkampf war der „Bridge-to-Bridge-Run“ in San Francisco am 04.10.2015: ein 12 km Lauf von der Oakland Bay Bridge zur Golden Gate Bridge und wieder zurück bis Embarcadero, der während unseres USA-Urlaubs ganz gut reingepasst hat. Ab Mitte Dezember habe ich dann wieder mit dem ernsthaften Training begonnen, konnte ziemlich bald die Medikamente absetzen und habe mich von Woche zu Woche gesteigert. Trotzdem waren die Knieschmerzen allgegenwärtig und ich musste feststellen, dass die Fitness stark unter dieser Situation litt. Schnelle Läufe waren ganz unmöglich (von Tempointervallen ganz zu schweigen), sodass ich mich mehr auf längere Läufe in ruhigem Tempo konzentriert habe. Fünfmal habe ich in der Zeit die 30 km bewältigt, aber jedes Mal mit einem heftigen Einbruch auf den letzten Kilometern. Ob ich also einen Marathon schaffen würde, war mehr als fraglich.

Wie auch immer, der Thermenmarathon ist immer eine Reise wert, auch wenn’s mal nicht so gut läuft. Für 26 EUR bekommt man neben der Laufveranstaltung drei Gutscheine für einen Besuch der Johannesbad-Therme (2x für den Sonntag, dann kann die Begleitung auch kostenlos mit rein), eine sehr gute Pastaparty mit „all you can eat“ und 2 Freigetränken, sowie einem Sportsymposium mit interessanten Referenten – diesmal mit dem ehemaligen Ironman Hawaii Gewinner Faris al Sultan. Das ist ein unschlagbares Preis-/Leistungsverhältnis und der Grund, dass man in Bad Füssing immer wieder auf alte Bekannte trifft.

Wir reisen also wieder am Samstag bei furchtbarem Wetter an (Schneeregen auf der Autobahn), beziehen unser Hotel, das nur 300 Meter vom Start-/Zielbereich entfernt ist, holen unsere Startnummern ab und gehen ins herrlich warme Wasser. Floh hat gerade sein erstes Staatsexamen als angehender Lehrer hinter sich und so gut wie gar nicht trainieren können. Er hat daher vor, nur den Halbmarathon zu laufen. Ich traue ihm aber auch den Ganzen zu, will ihn aber nicht so sehr bedrängen. Bei der Startnummernabholung kauft er sich allerdings ein schönes Finisher-Shirt vom Johannesbad-Thermenmarathon 2016 und „benebelt“ vom warmen Wasser beschließt er schließlich, doch den ganzen Marathon unter die Füße zu nehmen – sozusagen ein „Spontan-Marathon“. Ummeldungen sind in Bad Füssing bis unmittelbar vor dem Lauf möglich, also ist das auch ganz schnell erledigt. Ich freue mich, denn zu zweit läuft es sich allemal besser als alleine.

Der anschließende Vortrag von Faris al Sultan, der sich rund um den Triathlon dreht, ist wieder sehr gut besucht und ich muss mich lange anstellen, um mir ein Foto mit ihm zu holen. Danach schlagen wir uns die Bäuche mit leckeren Nudeln voll und fachsimpeln mit den Kollegen vom Ski Club Lauf (Floh ist dort Mitglied), von denen einige Läufer da sind, die sich gerade auf die deutschen Meisterschaften im 6-Stunden-Lauf vorbereiten, die im Frühjahr in Nürnberg stattfinden. Wir fragen Thomas Rink (einer der besten Läufer im Ski Club), was er denn so vorhat. Er meint, er geht es „gemütlich“ an, so knapp unter 3:30 … Tatsächlich wird es am Sonntag eine 3:01 – na ja, „gemütlich“ ist relativ.

Der Sonntag fängt mit einem super Wetter an. Der Himmel ist fast wolkenlos, es sind knapp über Null Grad und bereits der Weg vom Hotel zum Start durch den Wald ist ein schönes Erlebnis. Die Aussichten sind gut: ab mittags sollen sich die Wolken verdichten, aber es bleibt trocken bei etwa 7 Grad. Wir haben in 2012 auch schon mal -10 Grad gehabt!

Wir haben schon einige Bekannte getroffen: Helene ist wieder mit dem österreichischem Rekordhalter Gerhard da (es wird sein 567. Marathon!), Susanne und Roland Blumensaat mit ihrer Truppe (Roland läuft wieder mit dem blinden Anton), die Uli vom DAV Röthenbach läuft den Halbmarathon, Marathon4you hat eine große Läuferschar dabei und Dietmar Mücke, der Barfußläufer aus Fürth im Pumuckl-Kostüm darf auch nicht fehlen. Überraschend treffen wir auf Elisabeth, eine Läuferin und Triathletin aus Leipzig, die wir vor 2 Jahren beim Rennsteiglauf kennengelernt haben.

Pünktlich um 9:45 Uhr werden die 10-km-Läufer mit krachenden Böllerschüssen auf die Strecke geschickt, unter denen sich auch Faris al Sultan befindet. Eine Viertelstunde später sind wir an der Reihe. Elisabeth, die ziemlich tiefgestapelt hat („na ja, das Zeitlimit sind ja 5 Stunden“), zieht sofort auf und davon. Floh und ich lassen es betont ruhig angehen und laufen trotzdem einen Schnitt von unter 6 Minuten pro Kilometer – definitiv viel zu schnell für unseren Trainingszustand!

Ich bin sehr unsicher, was bei mir gehen wird. Einerseits rede ich mir ein, dass ich mit 6 Wochen intensiven Trainings und 5 langen Läufen über 30 km gut vorbereitet sein muss, andererseits liegen mir die Einbrüche, die ich bei jedem 30er hatte, schwer im Magen. Ich will daher auf keinen Fall überpacen, aber es läuft einfach zu gut. Der Schnitt pendelt sich schließlich bei 6:05 pro km ein. Das würde sogar für eine Endzeit von unter 4:20 reichen, wovon ich momentan noch nicht mal träumen mag. Der Marathon ist schließlich lang und da kann viel passieren.

In Bad Füssing läuft man zunächst eine 11-km-Runde gefolgt von einer 10-km-Runde und das Ganze zweimal. So kommt man insgesamt 4-mal durch das Start-/Zielgelände, die letzten 3 km läuft man auf der gleichen Strecke. Das hat den Vorteil, dass wir unseren besten Fan und mobile Versorgungsstelle Kerstin immer wieder treffen (sie hat immer Gels und Cola für uns parat). Notfalls kann man auch nach 10, 21 oder 32 km aufhören, wenn’s denn nicht mehr geht (so wie ich im letzten Jahr), kommt dann aber natürlich nicht in die Wertung. Mental sind die wiederkehrenden Streckenabschnitte auch nicht schlecht, denn dadurch ist das Ganze recht abwechslungsreich. Die einzige nennenswerte Steigung kommt gleich am Anfang in Form einer Brücke. Sie hat aber nur 15 Höhenmeter, das ist wirklich nicht weiter schwierig. Auch eine kleine Pendelstrecke ist auf der ersten Runde dabei, wo man auch mal in die Gesichter der Mitläufer schauen kann.

Kerstin kann schon mal die ersten des 10-km-Laufs begrüßen, bei denen Faris al Sultan gleich hinter der ersten Frau und als 13. Mann in 35:02 ankommt. Der kann ja ganz schön schnell laufen, Respekt!

Kurze Zeit später kommen dann auch schon die ersten schnellen Halbmarathon- und Marathonläufer (die gemeinsam gestartet sind) das erste Mal durchs Ziel und schließlich auch wir.

11 km in 1:06, das klingt schon mal gar nicht schlecht. Mal sehen, wie lange ich das durchhalte. Dem Knie geht’s noch gut. Floh ist wie immer blendend drauf und steckt das trotz mangelnden Trainings problemlos weg. 10 Meter vor dem Zieldurchlauf werden wir vom Sieger des Halbmarathons überholt: Tobias Schreindl von der LG Passau schafft es in sagenhaften 1:08:13.

Auf der zweiten Runde halten wir weitgehend unser Tempo. Die Versorgungsstelle (auf jeder Runde gibt es eine) kommt bereits nach Kilometer 15. Ich denke mir, das werden am Schluss lange 6 Kilometer bis ins Ziel werden! Aber erst mal geht es ja auf die Halbmarathondistanz. Das Wetter ist nach wie vor wundervoll, es gibt ganz wenig Wind und wir sind weiterhin gut drauf. Durch ein kleines Waldstück laufen wir bis an den Inn ran, den wir aber nicht sehen, da er sich hinter einem Deich versteckt. Irgendwann muss ich da mal hoch und von oben ein Bild machen. Aber nicht heute. Das Knie zwickt jetzt doch schon etwas und auch Floh hat bereits leichte Knieschmerzen (obwohl er eigentlich völlig gesund ist).

Wir kommen zum zweiten Mal ins Ziel und haben damit die Halbmarathonstrecke in 2:09 geschafft. Vor uns waren bereits Gerhard, Elisabeth, Anton und Bernie von marathon4you, sowie Roland mit Anton da. Und auch Uli kommt vor uns ins Ziel: sie schafft den Halbmarathon in 2:00:16 (wie außerordentlich ärgerlich!) und darf jetzt schon ins warme Wasser – Neid! Nach uns kommt noch Susanne in 2:11:53 ins HM-Ziel.

Weiter geht’s auf die dritte Runde. Das Tempo lässt bei uns jetzt schon etwas nach. Anderen geht es aber genauso und so können wir immer wieder überholen. Ein gutes Gefühl. An der Brücke treffen wir auf eine Gruppe um einen marathon4you-Läufer, der bergauf in den Gehschritt verfällt. So können wir locker überholen, denn ich bin wild entschlossen, heute erst möglichst spät Gehpausen zu machen.

Es wird jetzt sehr einsam auf der Strecke, denn es sind nur noch die Marathonläufer da (273 Männer und 47 Frauen kommen heute ins Marathon-Ziel). Der Himmel bewölkt sich zusehends und Floh und ich sind froh, doch einigermaßen warm angezogen zu sein. Die dritte Runde beenden wir in 3:19 nach 32 km. Der km-Schnitt ist also auf 6:13 angewachsen, ist aber immer noch ziemlich gut für meine Verhältnisse. Eine Marathonzeit von 4:20 ist jetzt natürlich außerhalb unserer Reichweite, aber eine Zeit unter 4:30 ist durchaus noch drin.

Vor der letzten Runde habe ich jetzt auch keine Angst mehr. Das Laufen fällt zwar mittlerweile schwer und auch Floh verzerrt immer wieder mal schmerzhaft das Gesicht wegen seines Knies, aber ich bin konzentriert und halte durch: keine Gehpause außer an den Versorgungsstellen. Dass wir immer noch andere Mistreiter überholen können, ist eine gute Motivation. Wir werden nur noch zweimal überholt.

Vor uns kommen ins Ziel: Klaus Pfister vom Ski-Club Lauf in 3:26:47, Anton von marathon4you in 3:55:18, Roland und der blinde Anton in 3:57:27 (fast auf die Sekunde genau die gleiche Zeit wie 2015), Elisabeth unterbietet in 3:57:46 erstmals die 4-Stundenmarke und Gerhard kämpft zwar verbissen, muss sich aber dann doch hinter dem 4-Stunden-Tempomacher einreihen und schafft eine 4:00:36. Hinterher erzählt er mir in gespielter Traurigkeit: „der 107. Marathon über 4 Stunden – snif!“. Na ja, dann gibt es ja 460 Marathons unter 4 Stunden – alle Achtung!! Der Pumuckl hat das Rennen übrigens nach 32 km beendet.

Kurz vor der letzten Versorgungsstelle überholen uns Jürgen und Anja und fragen Floh, ob er ein guter Skifahrer ist (weil er eine Jacke vom Ski-Club Lauf anhat). Floh muss allerdings gestehen, dass er noch nie auf Skiern gestanden war. Die beiden sind im Tae-Kwan-Do-Club, das hat auch nicht viel mit Laufen zu tun. An der Versorgungsstelle werden sie zu einem Glas Prosecco überredet und wir können wieder überholen. Kurze Zeit später sind sie aber wieder an uns vorbei, um schließlich nach 4:21:25 ins Ziel zu laufen.

Wir kämpfen uns weiter raus zum Inndamm und wieder zurück. Die letzten 6 km ziehen sich. An der kleinen Unterführung, die uns wieder auf die Hauptstrecke führt (39 km geschafft) tut mein Knie richtig weh, aber ich bleib in Bewegung. Floh versucht mich ununterbrochen damit aufzumuntern, dass wir sogar bei einem Schnitt von 8 Minuten pro Kilometer eine Zeit unter 4:30 schaffen werden. Ich denk mir nur: „8 Minuten pro km? Nie im Leben!“ Die letzten 3 km bewältigen wir auch noch im Laufschritt und kommen so nach 4:25:32 überglücklich ins Ziel.

Was für ein unerwartet gutes Ergebnis! Ich freue mich richtig und bedanke mich bei Floh, denn ohne seine Motivation wäre ich niemals ohne Gehpausen und in so einer guten Zeit durchgekommen. Und Kerstins Versorgungs- und Anfeuerungsarbeit darf auch nicht vernachlässigt werden! Schließlich stand sie viereinhalb Stunden in der Kälte und hat auf uns gewartet. Wenigstens war das Wetter weitgehend gut. Medaille bekommen wir leider keine, denn die sind angesichts des großen Läuferansturms schon aus. Wir bekommen sie aber nachgeschickt. Immerhin!

Das Früchte- und Kuchenbuffet verschmähen wir und ziehen uns stattdessen ein Erdinger alkoholfrei rein. Das tut gut!

Und dann geht’s endlich in die warme Therme, wo wir noch auf Helene und Gerhard treffen. Auf dem Rückweg kehren wir noch zu einer deftigen Schweinshaxe im Winklerbräu in Lengenfeld ein. Der perfekte Abschluss eines perfekten Marathontages.

Heute wurden insgesamt tolle Ergebnisse erzielt: Tina Fischl gewinnt wie im Vorjahr überlegen mit 6 Minuten Vorsprung den Halbmarathon in 1:17:35, den Marathon gewinnen Marco Bscheidl von der LG Passau in 2:32:50 und Angela Kühnlein in 2:58:48 – das erste Mal in der 23-jährigen Geschichte des Thermenmarathons schafft es eine Frau unter 3 Stunden! Sie hat 14 Minuten Vorsprung auf die Zweitplatzierte! Ich komme bei den Männern auf Platz 232 (von 273) und in meiner Altersklasse auf Platz 35 (von 47). Floh ist in seiner Altersklasse 7. Und damit immerhin noch Vorletzter.

In den folgenden Tagen hat Floh leider Probleme, weil sich sein Knie entzündet hat (bzw. die seitliche Sehne). War wohl doch etwas zu viel Belastung auf einmal. Dagegen fühlt sich mein Knie besser an denn je. Bewegung ist eben doch immer noch das Beste. Jetzt sehe ich den nächsten Läufen jedenfalls etwas gelassener entgegen als bisher. Und auch wenn dieses Jahr keine schnellere Zeit mehr möglich sein sollte – was soll‘s! Hauptsache Laufen können! Aber die 4:20 will ich natürlich schon noch knacken. Vielleicht klappt’s ja im März in Barcelona.