Hamburg-Marathon 29.04.2018
Zum 11. Mal bin ich der schönen Stadt Hamburg, um den Marathon zu laufen. Hamburg ist mein Lieblings-Stadtmarathon und das nicht nur, weil Kerstin hier geboren ist, sondern weil die Strecke super attraktiv ist, das Publikum unglaublich gut und meistens auch das Wetter schön – zumindest, wenn ich hier laufe (letztes Jahr, als es Sturm und Hagel gab, war ich ja nicht dabei …). Umso komischer ist es, dass Hamburg mit einem Teilnehmerschwund zu kämpfen hat. Diesmal haben sich nur etwas mehr als 13.000 Läufer angemeldet, von denen auch noch fast 3.000 gar nicht antreten. Früher waren es auch schon mal 18.000 Teilnehmer. Wahrscheinlich gibt es mittlerweile zu viele Marathonveranstaltungen und es wollen ja immer alle nach Berlin (für mich unbegreiflich).
Wir wohnen wieder in unserem Hotel in unmittelbarer Nähe zum Start-/Zielbereich, von wo aus man erst 30 Minuten vor dem Start los muss. Mit uns startet auch Christina, die mit ihrem Freund da ist und das erste Mal in Hamburg läuft.
Ich nehme Christina gleich mal unter meine Fittiche, denn ich kenn mich ja aus und weiß, wie man ohne Probleme zum Startblock unter dem Fernsehturm kommt. Sie will in etwa das gleiche Tempo laufen wie ich, wir sind uns sympathisch und so beschließen wir, das zusammen zu versuchen. Der Two Oceans ist erst 4 Wochen her und ich bin gespannt, ob ich schon wieder in der Lage bin, in einem vernünftigen Tempo einen Marathon zu laufen. Ich nehme mir eine Zeit von 4:20 bis 4:25 vor. Mal sehen, ob das klappt.
Dieses Jahr wird in Hamburg zum ersten Mal ein Halbmarathon angeboten, der um 8:30 Uhr startet (und den übrigens Sabrina Mockenhaupt gewinnt). Aus diesem Grund startet der Marathon diesmal erst um 9:30 Uhr, damit sich die Läufer nicht in die Quere kommen. Das Wetter ist traumhaft schön. Laut Wetterbericht soll es gegen Mittag etwas regnen, aber im Moment sieht es gar nicht danach aus.
Wir starten schön gemütlich im Startblock F (das ist etwa in der Mitte der Startaufstellung) und kommen bereits nach etwas über viereinhalb Minuten über die Startlinie.
Christinas Freund Jürgen steht etwa einen Kilometer nach dem Start mit dem Fahrrad. Er wird heute die Strecke mit dem Fahrrad begleiten, denn Christina ist Diabetikerin und da kann es immer mal passieren, dass sie etwas braucht. Wie sich herausstellt, hat sie das aber ausgezeichnet im Griff.
Bei den tanzenden Türmen biegen wir auf die Reeperbahn ein und treffen kurze Zeit später auf meinen Superfan Kerstin, die wie immer vor der Davidswache wartet.
Es klappt prima mit Christina und mir. Natürlich sind wir die ersten Kilometer etwas zu schnell, aber das pendelt sich rasch auf einen Schnitt von knapp über 6 Minuten pro km ein. Ich erzähle ihr gerade, dass beim Two Oceans ein älterer Läufer barfuß gelaufen ist, da weist sie mich darauf hin, dass vor uns ebenfalls einer barfuß läuft, der auch noch seine Schuhe auf den Rücken gebunden hat. Das muss ich fotografieren und mach einen raschen Zwischensprint dafür.
Man merkt, dass nicht so viele Teilnehmer da sind. Es wird nie so richtig voll, auch nicht an der Engstelle in St. Pauli. Wir kommen am Altonaer Rathaus vorbei und sind dann schon bald am Halbmondweg, wo wir quasi wenden und auf der Elbchaussee zurücklaufen.
Der Blick auf den Hafen ist wie immer gigantisch, allerdings so im Gegenlicht, dass ich gar nicht erst versuche, Fotos zu machen. Es ist sehr angenehm, mit Christina zu laufen. Nicht nur, dass sie das gleiche Tempo läuft wie ich, sie macht an den Versorgungsstellen auch immer eine kleine Gehpause, um ruhig trinken zu können – genau wie ich!
Am Fischmarkt kommt dann die einzige nennenswerte Bergabpassage, wir sehen den Dänen als „Hummel Hummel“-Wasserträger, der jedes Jahr dabei ist und kommen kurze Zeit später an das Stimmungsnest Landungsbrücken, wo Kerstin uns bereits erwartet.
Es gibt viele Baustellen in Hamburg und so hat Jürgen einige Mühe, uns zu folgen. Klappt aber trotzdem prima! Schon sind wir am Baumwall und die Elbphilarmonie kommt in Sicht.
Am Eingang zum Wallringtunnel ist das Kilometerschild 15. Es geht uns beiden noch sehr gut, anders als einem Läufer, der am rechten Rand liegt und behandelt wird. Lautsprecher fordern uns auf, links zu laufen, damit von vorn ein Krankenwagen reinfahren kann. Das ist nicht so schön und wir blenden das gleich wieder aus.
Ausgangs des Tunnels kommt die Binnenalster in Sicht: knallblauer Himmel, die Wasserfontäne und das Hotel Vierjahreszeiten im Hintergrund – was für ein Blick!
Seit einigen Jahren kann man in Hamburg den Marathon auch als Staffel laufen und hier am Jungfernstieg ist eine Staffel-Wechselstelle. Entsprechend viel ist hier los. Wir umrunden die Binnenalster, laufen über die Lombardsbrücke und dann neben der Außenalster entlang. Das Wetter ist super, wir liegen prima in der Zeit, alles ist bestens. Bald biegen wir nach rechts ab und dann kommt auch schon der Halbmarathonpunkt. 2:10:54 steht auf der Uhr, könnte nicht besser sein. Allerdings beschleicht mich hier schon ein leises Gefühl, dass mir das doch etwas zu schnell ist. Ich lass mir aber noch nichts anmerken. Christina läuft wie ein Uhrwerk.
Kurz vor Alte Wöhr am Hamburger Stadtpark sehen wir herrlich blühende Kirschbäume. Kurz danach steht wieder Jürgen an der Strecke und während Christina kurz ihren Blutzucker misst, nutze ich die Gelegenheit zu einem Abstecher in die Büsche, denn das wurde jetzt wirklich dringend notwendig!
An der Ecke bei Alte Wöhr steht Kerstin auf der falschen Straßenseite, weil es ihr drüben in der Sonne zu heiß war. Wir hören ihr Rufen noch und ein Foto ist auch noch drin.
Relativ genau zur angesagten Zeit kommen wir in der City Nord an, wo Ute und Burkhard auf mich warten. Ich freue mich sehr, sie zu sehen, denn es war nicht sicher, ob sie kommen können. Ute nimmt mich gleich in den Arm und ich denke mir: „ob sie weiß, was sie da tut?“, denn ich bin total nass geschwitzt (später erfahre ich, dass sie nicht wusste, was sie da tat …).
Ich hatte Christina schon angedeutet, dass mir so langsam die Puste ausgeht und jetzt ist es so weit: ich muss sie ziehen lassen, denn sie scheint das Tempo noch problemlos weiter laufen zu können. Also verabschieden wir uns und ich reduziere das Tempo. Leider ist damit auch die Motivation etwas raus und ich verfalle kurze Zeit später erst mal in einen Gehschritt, aus dem ich nur mühsam wieder rauskomme.
Derweil hat Kerstin ein paar sehr motivierte Mädels an einer Versorgungsstelle fotografiert, die Gels verteilen. Sie singen fröhlich „Eine Straße – viele Läufer – und bei uns gibt’s Gels“.
Bis Ohlsdorf, dem nördlichsten Punkt der Strecke (km 31) verliere ich noch nicht allzu viel Zeit, treffe noch mal Kerstin und laufe durch ein Spalier von tausenden von Zuschauern, die hier jeden frenetisch anfeuern.
Leider muss ich jetzt immer wieder eine kleine Gehpause einlegen und mein Kilometerschnitt steigt immer weiter an. Ich kämpfe mich bis Eppendorfer Baum durch, wo Kerstin das letzte Mal vor dem Ziel auf mich wartet.
Sie ruft mir zu, dass Timo dort irgendwo sein soll. Ich verstehe sie erst nicht und denke, er läuft schräg vor mir. Am Klosterstern sehe ich ihn dann aber als Zuschauer hinter der Absperrung und halte kurz bei ihm an. Er hat große Probleme mit Arthrose und musste den Start absagen. Sehr schade! Seine Moni ist aber unterwegs und wird auch bald vorbeikommen. Als ich wieder loslaufe, meint der Zuschauer neben Timo „die Schnackerei musst Du jetzt aber wieder aufholen!“. Na gut, na gut, lauf ich halt weiter.
Am Red Bull Stand greif ich mir zum ersten Mal die angebotene Red Bull Schorle (hab ich mich bislang nie getraut, aber heute ist es ja egal). Es sind riesige Pappbecher, in denen gerade mal der Boden bedeckt ist. Ob ich allerdings davon eine größere Menge trinken könnte, weiß ich nicht – schmeckt ziemlich eklig! Der ganze Boden ist nun von den riesigen Pappbechern übersät.
Wir laufen nun wieder an die Außenalster runter. Nach den Anschlägen vom 11. September in New York durften wir hier nicht mehr laufen, da man am amerikanischen Konsulat vorbeikommt. Seit 5 Jahren geht das aber wieder und es ist wirklich schön hier. Wir werden gleich wieder von herrlich blühenden Kirschbäumen begrüßt.
Nur noch wenige Kilometer. Laufen geht bei mir, aber langsam. Der angesagte Regen kam nicht, aber jetzt ist wenigstens der Himmel bewölkt, denn in der Sonne war es schon ziemlich warm geworden. Als wir in Richtung Dammtor abbiegen, geht es kurzzeitig wieder bergauf und ich nehme an der dortigen letzten Versorgungsstelle die Gelegenheit zu einer Gehpause dankend an.
Jetzt aber auf an den Gorch-Fock-Wall und den einen Kilometer bergauf gejoggt!
Danach sind es nur noch etwa 500 Meter bis ins Ziel. Die schaff ich auch noch und komme nach 4:35:39 dort an.
Zeitziel nicht ganz geschafft, aber doch noch einigermaßen gut angekommen. Christina war auf den letzten 12 km glatte 17 Minuten schneller und kommt in 4:18:54 ins Ziel. Das finde ich richtig gut! Schade, dass ich da nicht mehr mithalten konnte. Auf meine Medaille, die diesmal das Hamburger Rathaus und der Hummel-Hummel-Wasserträger ziert, bin ich trotzdem stolz.
Es war wieder mal eine wunderbare Veranstaltung. Später lese ich, dass über 800 Läufer aufgeben mussten und weniger als 10.000 gefinisht haben. Immerhin war ich da auch dabei. Übrigens zum ersten Mal in der Altersklasse M60 (Platz 178 von 291).